Buenas noches, mein Freund. Hast du nach gestern Abend schon wieder das Bedürfnis, zu sinnieren?
[Lorcia] Villa Estelle
-
-
Guten Abend, mein Lieber,
mir ist gerade mehr danach meinem Ärger Luft zu machen.
Ich bin untröstlich. Dekan solltest du bleiben für den Übergang und nicht sofort gehen, als hättest du etwas falsch gemacht. Bitte glaube mir, ich wusste nichts von dem Plänen des Heiligen Vaters.
-
Die Wege des Herrn sind unergründlich - deinen Ärger ist es nicht wert.
Undank ist der Welten Lohn, mon ami. Ich mache dir keinen Vorwurf!
-
Und wir alle sind geliebte Kinder Gottes.
So dürfen wir uns auch behandelt wissen.
Wollen wir uns zum Trost etwas Süßes zu uns nehmen? Du hast sicher etwas da.
-
Der Heilige Vater will uns ja versichert wissen, dass Seine Maßnahme nicht als "persönliche Kränkung oder Ausdruck des Misstrauens" gedacht sind ... oh, Verzeihung - Seine Heiligkeit wollen uns dahingehend "ermahnt" wissen.
Bitte, komm herein.
Ich hätte sicher etwas Eiscreme in der Kühlung. Alternativ hat mir Signora Márquez heute ganz wunderbare Waffeln gebacken, als wolle sie mich mästen...
-
...oder trösten.
Ich dachte nur, diesen Schock müssen wir gemeinsam verdauen.
Robert, ich sag es frei heraus. Das werden harte Wochen, bis wir uns an die neue Situation gewöhnt haben. Und auch wenn ich mich ganz und gar nicht zu alt dafür fühle und sogar genug Kräfte habe mich dem entgegen zu stellen oder zumindest das Beste daraus zu machen, bin ich nicht sicher, wie lange ich das möchte.
Wir beide dienen unserer Kirche und unseren Päpsten mit Herzblut und Ergebenheit, nur Wertschätzung sollte nicht eingefordert werden müssen.
Da erscheint mir plötzlich eine Emeritierung und das klösterliche Leben attraktiver zu sein...
-
Du hast jedenfalls einen guten Platz gefunden, Louis - kann das deinen Sock denn nicht mildern? Und ich bekomme einen Urlaub, der mir guttut.
Vielleicht reise ich auch mal wieder etwas länger nach Bergen, da war ich schon viel zu lange nicht mehr. Mein Bruder Michael ist inzwischen einer der Richter an unserem Obersten Gerichtshof und mein älterer Neffe schließt bald sein Studium ab...
Das Kloster scheint ja eine gute Station, um auf den Thron Petri gewählt zu werden, mon ami, das wäre doch eine Idee. Aber im Ernst: Seine Heiligkeit braucht dich mit deiner Erfahrung in Kurie und Weltkirche.
Und die Brüder Kardinäle brauchen dich als ihre Stimme beim Heiligen Vater. -
Du hast recht, ich sollte lieber nichts ins Kloster. Stell dir vor du willst deine Ruhe und sich im Gebet Gott nähern und promt wirst du Papst.
Das, was ich aus dem Palast höre, inklusive der ersten Verlautbarung, nimmt mir schon jetzt die Kraft. Und dabei auf dich und Raul verzichten zu müssen, lässt im mir Verzweiflung aufkommen.
Dem Heiligen Vater zur Seite zu stehen bei den ersten Schritten ist die eine Sache, aber die Leitung der Kurie nun auch zu begleiten, das erscheint mir auch für meine Willensstärke eine Herausforderung zu werden.
Ich bewundere sich, du findest selbst in der größten Enttäuschung noch das Gute. Mir fällt das gerade schwer, ich komme nur schwer aus der Trauer.
-
Stell dir vor, du bist Kardinaldekan und siehst dein Leben vor dir herziehen, weil du immer näher an den Petrusstuhl gerückt wirst - wobei ich sagen muss, dass ich mit einigen Brüdern noch mehr Mitleid hatte als mit mir selbst.
Du hast vor mir in der Kurie gedient, Louis, und du wirst das auch weiterhin tun, wie es für dich bestimmt ist - es ist deine heilige Pflicht! Weder Raúl noch ich sind aus der Welt, vorausgegangen ist uns bloß Carlos, viel zu früh - ich bin nicht bereit, ihm in den nächsten 20 Jahren nachzufolgen!
Und du wirst viele Brüder Kardinäle bald an deiner Seite sehen. Für Raúl hat der Heilige Vater bereits eine Aufgabe gefunden, für mich wird er zu gegebener Zeit sicher auch eine finden!
Ich sehe nicht das Gute, Louis, ich bin gezwungen, mit einer Veränderung zu leben, die ich in dieser Plötzlichkeit nicht erwartet hatte. Ich habe gehorsam versprochen und ich werde gehorsam sein...
Aber mein Herz sagt etwas anderes und mein Geist weiß, dass es mir nicht ansteht, nach all den Jahren der Arbeit in Nichtstun und Selbstmitleid zu versinken.
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-