Schreibtisch des Heiligen Vaters, Papst Silvester IV.
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Ihr wünschtet mich zu sehen, Eure Heiligkeit?
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Bitte, erhebe dich und nimm Platz!
Die Mitarbeiter des Päpstlichen Hauses sagten Uns, Sie seien wie ein Sohn für Unseren verstorbenen Vorgänger gewesen, Kardinal Lee? Lassen Sie Uns noch einmal Unser persönliches tiefes Mitgefühl für Ihren Verlust aussprechen, den Sie noch stärker fühlen müssen als Unsere gesamte Kirche!
Wir wollen alsbald das Grab Unseres Vorgängers besuchen und dort eine Andacht halten. Sie sind natürlich eingeladen, Kardinal Lee!
Wir hoffen, Sie nicht aus besonderen Verpflichtungen oder Vorhaben gerissen zu haben mit Unserer Bitte, zu erscheinen?
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Heiligkeit, ich danke Euch für Eure besondere Anteilnahme. Ja, Seine Heiligkeit war wie ein Vater für mich. Seit ich zum Priester geweiht wurde, habe ich für ihn in verschiedenen Funktionen gearbeitet. Sein plötzlicher Verlust hat mich sehr getroffen. Trotzdem freue ich mich, dass mit Euch, Heiliger Vater, die Kirche ein neues Oberhaupt erhalten hat. Natürlich begleite ich Eure Heiligkeit gerne zum Grab Papst Simons um mit euch seiner zu gedenken. Und bitte macht Euch keine Sorgen, ich war gerade nicht mit irgendwelchen wichtigen Dingen beschäftigt, Heiligkeit.
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Ich habe mich noch nicht entschieden, wie ich die besondere Würde und Bedeutung dieses schweren Amtes angemessen transportieren kann, mein Sohn. Dieses Amt ist eine ganz besondere Bürde und eine unvergleichliche Ehre, mit welcher die Brüder Kardinäle mich aus dem Kloster herausgerissen haben, in dem ich heimisch geworden war.
Wir wollen Sie nicht sehr lange aufhalten, Kardinal Lee, sondern Ihnen nur einen besonderen Auftrag erteilen, nun da wir die Entsiegelung der Päpstlichen Gemächer vollzogen haben, wie es das kanonische Recht von Uns verlangt.
Die schnelle Durchsicht der Unterlagen Unseres Vorgängers - zu mehr hatten Wir bisher noch keine Gelegenheit - hat ergeben, dass Unser Vorgänger Sie als seinen Testamentsvollstrecker bestimmt hat. Wir möchten daher Sie beauftragen, den persönlichen Besitz des Papstes Simon II. zu sichern und die Räumung der Gemächer mit dem Päpstlichen Haus zu koordinieren, damit sie Uns alsbald zur Verfügung stehen können, ohne dass Wir Uns fühlen müssen wie Besetzer einer fremden Wohnung.
Zugleich wünschen Wir, dass Sie und alle, die Unser Vorgänger bedacht hat, den Ihnen zustehenden Teil erhalten!
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Heiligkeit, wir alle sind hier um Euch mit dieser schweren Bürde zu helfen und Euch zu dienen. Aber vielleicht gestattet Ihr mir ein offenes Wort, auch wenn es sich nicht geziemt, da Ihr doch erst so kurz im Amt seid und Euch noch orientiert. Ich bitte daher vorab um Eure Vergebung, falls ich zu weit gehen sollte. Euer seliger Vorgänger hat zehn Jahre lang eine moderne Ansprache gewählt, auch um zu zeigen, dass die Kirche mit der Zeit gegangen ist und er und seine Nachfolger zwar weiterhin Gottes Stellvertreter sind und absolutistische Monarchen, man jedoch die Verbindung zu den Gläubigen nicht dadurch konterkarieren sucht, in dem man sich sprachlich über sie stellt. Vielleicht, Heiliger Vater, ist dies ein Gedanke, der Euch bei Eurer Entscheidung behilflich sein könnte.
Wenn es Euch dann gefällt, Heiliger Vater, werde ich mich mit dem Präfekten des Apostolischen Palastes besprechen, um den Letzten Willen Papst Simons zu vollziehen und Euch so schnell wie möglich die päpstlichen Gemächer zur Verfügung stellen zu können.
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Sie werden verstehen, Kardinal Lee, dass Wir einige Dinge anders machen werden als Unser Vorgänger, weil Unsere Wahl den Beginn eines neuen Pontifikats markiert, in dem Wir eigene Akzente setzen wollen.
Mein Vorgänger war ein großer Freund einer modernen und offenen Kirche. In meiner Heimat, Dreibürgen, pflegen wir die Traditionen als einen eigenen Wert - im Glauben ebenso wie in weltlichen Fragen.
Viele der pastoral wertvollen Botschaften Simon II. sind in der Heimat von Kardinal Fischer und in einigen anderen Teilen der Welt begeistert aufgenommen worden, wurden aber in meiner Heimat und auch von vielen, die sich der Tradition verbunden sehen, nicht recht verstanden.
Das Kollegium der Kardinäle hat mir die Schlüssel Petri und das Schwert Pauli anvertraut, um die Weltkirche zu leiten. Dabei werde ich meinen Weg tatsächlich noch finden müssen, war ich doch zuletzt bloß ein einfacher Priester im Weinberg des Herrn.
Meine wenigen verbliebenen Jahre möchte ich gerne nutzen, um die Einheit der Kirche zu vervollkommnen und die verschiedenen Erwartungen an den Pontifex Maximus zu versöhnen, denn die Kirche darf in ihrer Offenheit nicht missverstanden werden als eine Institution des moralischen Relativismus und sollte auch ihre Wurzeln pflegen, finden Sie nicht?
Jetzt habe ich schon eine programmatische Hinführung zu meinem Pontifikat gegeben, ganz ohne darüber abschließend nachgedacht zu haben und ohne das Kollegium der Kardinäle in Kenntnis zu setzen. Ich bin es wohl nicht mehr gewohnt, dass man von mir Orientierung erwartet.
Überstürzen Sie diese Aufgabe nicht, Kardinal Lee.
Ich bin es gewohnt, einfach zu leben und fühle mich in meinem Gästezimmer doch wohl - es ist eine schöne Abwechslung, es in Richtung der Gärten verlassen zu dürfen und einen anderen Ausblick zu haben als die Decke der Sixtina!
Lassen Sie mir einen kurzen Bericht zukommen, wenn Sie die Arbeiten beendet haben? Und wenn ich um eines bitten dürfte: Vielleicht finden Sie ein persönliches Stück Unseres Vorgängers, dem Wir einen Platz in diesem Arbeitszimmer geben können?
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Wie Ihr wünscht, Heiligkeit.
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Dann danke ich Ihnen für Ihre Zeit, Kardinal Lee.
Wir werden Ihnen eine gute neue Aufgabe finden, wenn Sie diese beendet haben!
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Vielen Dank, Heiliger Vater.
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