[Vorlesung] Biblische Exegese

  • In der neu gebauten Akademie findet im kleinen Vorlesungssaal die Vorlesung zur Biblischen Exegese für die Magister-Studenten statt.


    Herzlich Willkommen, meine Damen und Herren!


    In dieser Vorlesung werden wir uns mit der biblischen Exegese befassen, sprich uns darüber austauschen und Methoden lernen, wie die Bibel gelesen und ausgelegt werden muss. Ich werde mit Ihnen dazu gründlich die historisch-kritische Methode an einigen Beispielen durchgehen und auch hermeneutische Interpretationen behandeln.

  • Markus sitzt mit seinem Block bereit und schreibt alles mit, dass ihm wichtig erscheint.

    Son Éminence

    Marcus Cardinal de Monte Elde

    Cardinal prêtre à San Bartolomé a Puerta Roja

    Archevêque de Orly et Brissac

    Archevêque titulaire de Attaeon

    Primat de Barnsortvie


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  • Ist das eine Fangfrage? 8o ;)


    Gar nicht, weil es in dem Sinne keine "Urfassung" der Heiligen Schrift gibt! Die von der katholischen Kirche kanonisierten Bücher sind im Zeitraum zwischen etwa dem 12. Jahrhundert v. Chr. und dem 1. Jahrhundert n. Chr. niedergeschrieben worden, und insbesondere die Bücher des Alten Testaments wurden innerhalb dieses Zeitraumes z. T. mehrmals von jeweils verschiedenen Autoren redaktionell überarbeitet und ergänzt.

  • meldet sich etwas schüchtern


    Also ich weiß noch, dass das Alte Testament im Original auf Hebräisch und Aramäisch vorliegt und mit der jüdischen Tora fast identisch ist. Das Neue Testament wurde auf Griechisch verfasst... also, das sind zumindest die Fassungen, die bei Übersetzungen verwendet werden. Wobei viele auch den Umweg über Latein gehen und diese Fassungen übersetzen, weil ja nicht jeder z.B. Aramäisch kann.

  • Wenn ich ergänzen darf:


    Als Tora bezeichnet man im Judentum den Pentateuch, die fünf Bücher Mose. Die Heilige Schrift des Judentums als Ganzes, also unter Einschluss auch der Propheten und der Schriften, heißt Tanach. Sie umfasst den katholischen Kanon des Alten Testaments, jedoch ohne die deuterokanonischen Schriften - Tobit, Judit, 1. und 2. Buch der Makkabäer, Zusätze zu Daniel und Ester, Jesus Sirach und Weisheit Salomos - und in etwas anderer Sortierung.


    So gliedert sich der Tanach in dieser Reihenfolge in die Tora, die Propheten und die Schriften, das Alte Testament in den Pentateuch, der der Tora entspricht, die Geschichtsbücher, die Lehrbücher und die Propheten. Der Tanach zählt zudem die beiden Bücher Samuel, Josua und das Buch der Richter zu den Propheten, das Alte Testament hingegen zu den Geschichtsbüchern.


    ;)

  • Zitat

    Original von Vanessa Garland
    Ist das eine Fangfrage? 8o ;)


    Kann man so sagen, aber Frau Bowie hat genau erkannt, worauf ich hinaus wollte. Trotzdem danke auch Ihnen für das ausführliche Hintergrundwissen! :)


    Zitat

    Original von Gwen Bowie
    Also ich weiß noch, dass das Alte Testament im Original auf Hebräisch und Aramäisch vorliegt und mit der jüdischen Tora fast identisch ist. Das Neue Testament wurde auf Griechisch verfasst... also, das sind zumindest die Fassungen, die bei Übersetzungen verwendet werden. Wobei viele auch den Umweg über Latein gehen und diese Fassungen übersetzen, weil ja nicht jeder z.B. Aramäisch kann.


    Korrekt, die Bibel liegt in vielen alten Handschriften in verschiedenen Sprachen vor, vor allem in altem Hebräisch und in altem Griechisch. Können Sie sich vorstellen, welche Probleme sich nun für die Übersetzung ergeben?

  • Nun, die Probleme beim Vorliegen vieler unterschiedlicher Handschriften in verschiedenen Sprachen verschiedenen Alters ist vor allem, eine möglichst originale Fassung der Bibel festzustellen und diese dann zu übersetzen. In der historisch-kritischen Methode benutzt man dazu die Methodenschritte des Vergleichs der Handschriften (1), der Übersetzung (2), die Analyse der Struktur des Textes (3), das Nachverfolgen des Umgangs des Autors mit seinen Quellen (4), letztendlich die Rekonstruktion der Quellen (5) und die Untersuchung der Art der mündlichen Überlieferung vor Niederschrift (7). Mit diesen sechs Schritten wollen wir uns nicht beschäftigen, da uns allen aktuelle Bibelübersetzungen zur Hand liegen. Stattdessen werden wir Beispiele zu den Schritten der Bestimmung der Textgattung (6), der Begriffs- und Motivgeschichte (8) und des Vergleichs mit außerbiblischen Texten (9) beschäftigen, abschließend wollen wir auch eine zusammenfassende Interpretation erstellen.


    Zunächst möchte ich aber mit Ihnen die Bibelstelle Matthäus 25, 32-33 untersuchen:

    Mt 25,32 Und alle Völker werden vor ihm zusammengerufen werden, und er wird sie voneinander scheiden, wie der Hirt die Schafe von den Böcken scheidet.
    33 Er wird die Schafe zu seiner Rechten versammeln, die Böcke aber zur Linken.


    Kommentar des Übersetzers
    Wahrscheinlichere Übersetzung: die Schafe von den Ziegen


    Können Sie sich Gründe vorstellen, warum der Übersetzer hier Böcke anstatt Ziegen als Übersetzung gewählt hat?

  • Ich würde zwei Möglichkeiten nennen:
    1.: Er will nicht nach Arten, sondern nach Geschlecht trennen (was dann einer mittelalterlichen Gesellschaft sehr recht wäre :D), allerdings halte ich das für sehr unwahrscheinlich.
    2.: Wahrscheinlicher ist, dass der Übersetzer den Unterschied in den Temperamenten der braven Schafe und der kecken Böcke darstellen und verdeutlichen will, wohingegen Ziegen zwar meckern, aber weniger aggressiv wirken als Böcke (man beachte auch die klangliche Aggression des Wortes "Bock"). Es geht in der Bibelstelle ja um die Trennung von "gut" und "böse", und der Vergleich, bzw. die Metapher ist deutlicher, wenn man "Bock" statt "Ziege" heranzieht.

  • Sie haben zwar noch nicht komplett entschlüsselt, wie der Urheber der Heiligen Schrift seine Inhalte ausdrücken wollte, aber insgesamt ist es doch richtig:


    Sie als Anticaer nehmen zwischen Schafen und Böcken einen stärkeren Unterschied wahr als zwischen Schafen und Ziegen. Zur Zeit Jesu war das anders, und der von mir zitierte Übersetzungskommentar geht noch weiter. Zur Zeit Jesu waren alle Schafe weiß und alle Ziegen schwarz, sodass hier nach Farben unterschieden wurde. Da dieses Bild aber heute nicht mehr funktioniert, müssen diese Symbole auf die heutige Zeit übertragen werden.


    Damit beschäftigt sich die Begriffs- und Motivgeschichte. Sprichwörter müssen anders ausgelegt werden, Symbole umgedeutet werden und Bilder neu interpretiert werden, damit wir auch in der heutigen Zeit verstehen, was die Bibel uns sagen will.

  • Dann wurden die Bilder und Symbole in den letzten Jahrhunderten falsch interpretiert?

    Son Éminence

    Marcus Cardinal de Monte Elde

    Cardinal prêtre à San Bartolomé a Puerta Roja

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  • Das würde ich so nicht formulieren, aber durch die richtige Übertragung kann das Verständnis der biblischen Texte erleichtert werden.


    Ich möchte Ihnen ein weiteres Beispiel für die Notwendigkeit der Begriffs- und Motivgeschichte zeigen.


    Lukas 2, 3-4
    Da ging jeder in seine Stadt, um sich eintragen zu lassen. So zog auch Josef von der Stadt Nazaret in Galiläa hinauf nach Judäa in die Stadt Davids, die Betlehem heißt; denn er war aus dem Haus und Geschlecht Davids.


    Was mit Stadt Davids gemeint ist, erschließt sich für den Christen, der in der jüdischen Tradition nicht sehr vertraut ist, nicht sofort oder auch gar nicht. Wissen Sie, was damit gemeint ist?

  • Ich müsste raten. Hat es vielleicht mit den Vorfahren etws z tun. Also das David der Stammvater war und die Familie im besagten ort ansässig?

    Son Éminence

    Marcus Cardinal de Monte Elde

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