
Acta Sancta Sedis, 15.IV.2025 AD
-
-
V. Apostolische Konstitution »Si vis perfectus« über die geistlichen Gemeinschaften der Kirche
"Jesus antwortete ihm: Wenn du vollkommen sein willst, geh, verkauf deinen Besitz und gib ihn den Armen; und du wirst einen Schatz im Himmel haben; und komm, folge mir nach!" (Mt 19, 21).
Sectio I. Über die Rechtspersönlichkeit der geistlichen Gemeinschaften
1. Die in der Kirche seit jeher bekannten Formen von Instituten und Einrichtungen, die in Gemeinschaft mit dem Heiligen Vater stehen, haben eine besondere Bedeutung für das geistliche Leben der Kirche. Sie haben in oder neben den Teilkirchen eine eigene Rechtsstellung.
Dies sind insbesondere die Ordensinstitute und andere geistlichen Gemeinschaften.
Andere Vereinigungen im Volk Gottes zur Förderung der Frömmigkeit und der gelebten Nächstenliebe bleiben unberührt.
2. Gemeinschaften nach Canon 1 können durch den Heiligen Stuhl oder durch eine Teil- oder Ortskirche errichtet oder, soweit sie in Gemeinschaft mit dem Heiligen Vater anderweitig errichtet wurden, anerkannt werden. Überkommene Gemeinschaften sollen bestätigt werden, insbesondere, wenn ihre Rechtsstellung unklar geworden ist.
Den Gemeinschaften in diesem Sinne gleichgestellt wird der Zusammenschluss verschiedener Gemeinschaften, die nicht zu einer einzigen vereinigt wurden.
3. Die Errichtung, Anerkennung oder Bestätigung soll in der Regel durch Dekret oder Instruktion erfolgen. Die Änderung oder Aufhebung bleibt einem besonderen Rechtsakt vorbehalten.
Im Rahmen der Errichtung, Anerkennung oder Bestätigung erhalten die Gemeinschaften eigene Rechtspersönlichkeit und soll ihnen eine Verfassung bestimmt oder bestätigt werden, welche die innere Ordnung und Untergliederung, Leitung und Rechtssetzung bestimmt.
4. Die Errichtung, Änderung und Aufhebung solcher Gemeinschaften obliegt grundsätzlich den Ortsbischöfen und Metropoliten, soweit sich der Metropolit diese Zuständigkeit nicht vorbehält.
Erstreckt sich die Wirkung über die Grenzen der Ortskirche, ist der Metropolit zu befassen, hinsichtlich der Weltkirche der Heilige Stuhl.
5. Soweit aber diese Gemeinschaften bisher allein dem Heiligen Stuhl unterstehen oder von diesem errichtet wurden, kann ihre Rechtsstellung nur durch Rechtsakte desselben oder mit dessen Genehmigung geändert werden.
Entsprechendes gilt, soweit eine Unterstellung unter den Metropoliten besteht, in Ansehung der Ortsbischöfe.
Sectio II. Die Verfassung der Geistlichen Gemeinschaften
6. Geistliche Gemeinschaften sind insbesondere solche, deren Angehörige zu einer geweihten Lebensweise nach den evangelischen Räten in der dieser Gemeinschaft jeweils eigentümlichen Weise in Übereinstimmung mit dem kanonischen Recht berufen sind oder diese anstreben. Der Entschluss zu einer solchen Lebensweise erfolgt frei und ist ein besonderer Dienst in der Kirche.
Die Lebensweise dieser Gemeinschaften ist entweder zu verstehen als diese einer Familie eigener Art in Christus oder als eine solche des Rückzuges aus dieser Welt in die Einsamkeit und Stille für Gott.
Die Aufnahme von Angehörigen oder die Zulassung von Novizen erfolgt durch die Gemeinschaft selbst, jedoch nicht in Widerspruch zur bischöflichen Autorität. Die Entlassung darf nur auf eigenes Ersuchen oder aus gerechtem Grund ausgesprochen werden.
7. Geistliche Gemeinschaften können auch als solche für Angehörige des Klerikerstandes errichtet werden. Allgemeine Zusammenschlüsse von Klerikern bleiben unberührt.
Hinsichtlich der Verwendung von Klerikern - mit Ausnahme von Bischöfen - die einer Gemeinschaft angehören, ist zwischen der bischöflichen Autorität und dem verantwortlichen Vorsteher Einvernehmen herzustellen.
Die Mitgliedschaft von Klerikern jedoch kann - vorbehaltlich besonderer Privilegien - durch allgemeine Rechtsvorschrift geregelt werden.
Das Recht einer Gemeinschaft, einen eigenen Klerus zu haben (Inkardinationsrecht) verleiht, bestätigt oder entzieht allein der Heilige Stuhl.
8. Geistliche Gemeinschaften können auch als solche für Angehörige des Laienstandes errichtet werden, die ihren angemessenen zivilen Verpflichtungen neben der Zugehörigkeit zur Gemeinschaft weiter nachgehen.
9. Die Vorsteher der Gemeinschaften üben kirchliche Gewalt hinsichtlich der Leitung, Vermögensverwaltung und Disziplin der Angehörigen als väterliche Gewalt innerhalb der Gemeinschaft aus, soweit ihnen keine Jurisdiktionsgewalt übertragen ist.
Dabei kann die Verpflichtung zur Beteiligung von Versammlungen (Kapiteln) oder Räten vorgeschrieben werden.
10. Die Berufung eines Vorstehers sowie dessen Abberufung oder Rücktritt bedarf, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Bestätigung durch die zuständige Autorität nur, soweit der Gemeinschaft eigene Jurisdiktionsgewalt zusteht.
Zuständig ist die Autorität, deren Jurisdiktion die Gemeinschaft untersteht, hinsichtlich der Untergliederungen der Vorsteher der jeweils übergeordneten Gliederung, soweit sie nicht dem einer anderen Autorität zugewiesen oder dem Heiligen Stuhl vorbehalten ist.
11. Die Amtseinführung eines Vorstehers kann durch den zuständigen Bischof erfolgen, soweit sie nicht einem anderen vorbehalten oder dem Vorsteher oder Beauftragen der übergeordneten Gliederung oder des Zusammenschlusses übertragen ist.
Sie soll mit der traditionellen bischöflichen Segnung für den Dienst (Benediktion) und der Übergabe der gebräuchlichen Insignien verbunden werden, sofern der erwählte Vorsteher seinen Dienst nicht als Bischof oder Laie versehen wird.
12. Eine Gemeinschaft, die nicht der vollen Jurisdiktion der Orts- oder Teilkirche unterliegt, kann über die Errichtung und Niederlassung von Niederlassungen als Untergliederungen grundsätzlich selbst entscheiden. Sie soll sich jedoch nicht in Widerspruch zur Teil- oder Ortskirche setzen, in der eine solche Niederlassung gelegen wäre.
Konflikte solcher Gemeinschaften mit dem Ortsbischof hinsichtlich einer Niederlassung kann der Metropolit schlichten, im Übrigen ist der Heilige Stuhl in jedem Falle zu befassen, soweit nicht ein anderes bestimmt ist.
Sectio III. Die Aufsicht über die Geistlichen Gemeinschaften
13. Gemeinschaften unterliegen der Jurisdiktion der Orts- oder Teilkirche, in deren Trägerschaft sie errichtet, anerkannt oder bestätigt wurden, soweit sie nicht der vorrangigen Jurisdiktion eines Zusammenschlusses unterstellt sind oder der Heilige Stuhl ihnen eine eigene Jurisdiktion gewährt hat.
Jedenfalls unterliegen alle Gemeinschaften auch der Jurisdiktion des Heiligen Stuhls.
Im Rahmen der Jurisdiktion sollen die notwendigen und nützlichen Maßnahmen der Hirtengewalt getroffen werden.
14. Gemeinschaften päpstlichen Rechts unterliegen ausschließlich der Jurisdiktion des Heiligen Stuhls.
Sie haben hinsichtlich ihres Wirkens nach außen jedoch die Interessen der Orts- und Teilkirchen zu achten, soweit sie nicht aufgrund besonderer Privilegien handeln; sie unterliegen der Jurisdiktion einer Orts- oder Teilkirche, soweit sie oder ihre Angehörigen in ihrem Auftrag tätig werden.
Diesbezügliche Rechtsakte von Ortsordinarien oder anderen Amtsträgern sind nur gültig, soweit sie vom Heiligen Stuhl anerkannt oder solange ihnen auf ausdrücklichen Vortrag nicht widersprochen wurde und sie einen besonderen Bezug zur Orts- oder Teilkirche haben.
15. Im Übrigen sollen der Metropolit oder Ortsordinarius, dessen Orts- oder Teilkirche diese Gemeinschaft angehört, oder die sonst zuständigen Amtsträger die erforderlichen und angemessenen Maßnahmen treffen.
16. Die Vorsteher dieser Gemeinschaften sollen an die zuständige Autorität, also den Heiligen Stuhl, den Ortsordinarius, Metropoliten oder - bei Untergliederungen oder Zusammenschlüssen - einen Oberen regelmäßig Bericht erstatten und durch diese zumindest bei gegebenem Anlass der Visitation unterzogen werden.
17. Das Wirken der Gemeinschaften, ihrer Untergliederungen und Angehörigen in den Missionsgebieten kann gesondert geregelt werden. Ihr positiver Beitrag zur erfolgreichen Mission ist dabei besonders zu würdigen.